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Meisterwerke: Hollywood Africans von Jean-Michel Basquiat

Jean-Michel Basquiats Hollywood Africans in seinem unverwechselbaren neoexpressionistischen Stil ist beispielgebend für viele der Themen, die sich in seinem Gesamtwerk wiederfinden – von autobiografischen Details über Rassismus bis hin zu gesellschaftlicher und politischer Kritik. Singulart geht in diesem Beitrag näher auf die Thematik dieses Gemäldes und das revolutionäre Werk von Jean-Michel Basquiat ein.

Wer war Jean-Michel Basquiat?

Jean-Michel Basquiat (1960-1988) war ein US-amerikanischer Maler und Zeichner, der mit seinen neoexpressionistischen Werken die New Yorker Kunstszene der 1980er Jahre neu belebte. Geboren in Brooklyn, New York, als Sohn eines Haitianers und einer Mutter mit puerto-ricanischen Wurzeln, zeigte er schon sehr früh eine Leidenschaft für Kunst. Seine Mutter unterstützte ihn dabei und besorgte ihm eine Jahreskarte für das Brooklyn Museum of Art, als er erst sechs Jahre alt war. Basquiat war ein hochbegabtes Kind und besuchte die katholische Privatschule Saint Ann’s. Mit acht verbrachte er einen Monat im Krankenhaus, nachdem er von einem Auto angefahren worden war. Seine Mutter schenkte ihm eine Ausgabe von Gray’s Anatomy, einem illustrierten Buch über die menschliche Anatomie. Das Werk hinterließ bei Basquiat einen bleibenden Eindruck und beeinflusste seinen autodidaktischen Ansatz in der künstlerischen Ausbildung. Mit elf Jahren sprach er bereits fließend Englisch, Französisch und Spanisch.

Warhol und Basquiat

Nachdem sich seine Eltern getrennt hatten, wuchsen Basquiat und seine beiden Schwestern bei ihrem Vater auf. Die wiederholte Hospitalisierung seiner psychisch erkrankten Mutter trug zur Instabilität in seinem Leben bei. Von 1974-1976 zog sein Vater samt Kindern für zwei Jahre nach Puerto Rico. Nach ihrer Rückkehr nach New York verstärkten sich die familiären Probleme: Mit 15 riss Basquiat von zu Hause aus und wurde schließlich von der Polizei zurückgebracht. Mit 17 brach er die High School ab und wechselte stattdessen an die experimentelle City-As-School. Er verließ endgültig sein Zuhause, wohnte bei Freunden und verdiente Geld mit dem Verkauf von T-Shirts und collagierten Postkarten. Bis er als renommierter Künstler erfolgreich war, sollte es jedoch nicht lange dauern: Bereits 1980 verkaufte er Gemälde für mehr als 25.000 US-Dollar.

Basquiats rasanter Aufstieg zum Ruhm

Basquiats erste Schritte zum späteren Ruhm lassen sich bis 1977 zurückverfolgen, als er zusammen mit dem befreundeten New Yorker Sprayer Al Diaz unter dem Tag „SAMO©“ begann, rätselhafte Botschaften als Graffiti an Gebäuden zu hinterlassen. Dabei vermischten sie Street Art mit der Musikkultur der Zeit. Basquiat war auch selbst Teil der Musikszene und spielte in einer Noise-Band. Nach gut zwei Jahren fand die Kollaboration mit Al Diaz ein Ende, und Basquiat begann, sich als eigenständiger Künstler einen Namen zu machen. 1980 nahm er neben Künstlern wie Keith Haring, Jenny Holzer und Kenny Scharf an der Gruppenausstellung Times Square Show teil, die die Aufmerksamkeit von Kritikern und Kuratoren auf sich zog. In dem Film New York Beat von 1980 spielte Basquiat die Hauptrolle, wodurch er sich die ersten Malmaterialien leisten konnte. Ein Freund vermittelte ihn an einen Schweizer Kunsthändler und auch an den italienischen Galeristen Emilio Mazzoli, in dessen Galerie in Modena 1981 Basquiats erste Einzelausstellung stattfand. Durch den im Winter 1981 im Kunstmagazin Artforum veröffentlichten Artikel zu Basquiat unter dem Titel The Radiant Child (auf Deutsch: Das strahlende Kind) stieg seine Bekanntheit enorm. Seine erste Einzelausstellung in den USA im Jahr darauf wurde ein Riesenerfolg. Seine Werke wurden 1982 auch auf der documenta VII in Kassel gezeigt, was ihn mit 21 Jahren zum jüngsten Teilnehmer aller Zeiten machte.

Weitere erfolgreiche Ausstellungen in den USA und eine kurze Beziehung mit Madonna folgten. Basquiat schloss Freundschaft mit Andy Warhol, und die beiden kollaborierten 1983-1985 häufig. Warhol verhalf ihm zum Aufstieg im Establishment der Kunstszene der Zeit, während Basquiat dem Ruf Warhols frischen Wind verlieh. Basquiats Erfolg samt internationalen Ausstellungen setzte sich die nächsten zwei Jahre fort, bis er 1987 im Alter von 27 an einer Überdosis Heroin starb.

Trotz des kommerziellen Erfolges während seiner kurzen Lebenszeit wurde sein Werk bis nach seinem Tod von zahlreichen Institutionen abgelehnt. 1992 fand die erste Retrospektive im Whitney Museum of American Art statt. Die Voreingenommenheit des Kunstestablishments sowie die Gründe für Basquiats Ausgrenzung gehören zu den vielen Themen, die seine Werke durchziehen.

Jean-Michel Basquiats Stil und Themen

Basquiat hatte keine formale künstlerische Ausbildung und meinte dazu: „Ich habe nie eine Kunstschule besucht. In den Kunstkursen, die ich in der Schule belegt habe, bin ich durchgefallen. Ich habe mir einfach viele Dinge angeschaut. Und so lernte ich die Kunst kennen: durch das Anschauen.“ Die meisten Themen in Basquiats Werk entstammen der Kultur seiner Zeit. Über die Inspiration hinter seinen Arbeiten sagte er: „Während ich arbeite, denke ich nicht über die Kunst nach, sondern über das Leben.“ Er malte oft, während er Musik hörte, der Fernseher an und die Fenster offen waren, und umgab sich so mit den Geräuschen und Eindrücken New Yorks. Zu Themen wie Sterblichkeit, Rasse und Identität setzte er Referenzen und Symbole aus den unterschiedlichsten Quellen ein, von der Musik über die Geschichte bis hin zur Religion. Auf diese Art drückte Basquiat seine Erfahrungen als Afroamerikaner in Form eines politischen und gesellschaftskritischen Kommentars aus. In seinem einzigartigen Stil mischte er Einflüsse aus den Anfängen in der Street Art mit Neoexpressionismus. Er kombinierte Worte mit wiederkehrenden Symbolen wie etwa der Krone, texturierten Kritzeleien und Farben. „Mein Werk hat nichts mit Graffiti zu tun, die meisten Leute sind einfach nur Rassisten… Und sie reden endlos über Graffiti, obwohl ich mich selbst gar nicht für einen Graffitikünstler halte. Sie haben dieses Bild von mir: der Wilde auf der Flucht, der wilde Affenmensch, oder was zum Teufel sie auch denken“, sagte Basquiat 1986 in einem Interview.

Hollywood Africans

Hollywood Africans gehört zu einer Reihe von Werken, bei denen Basquiat Bilder und Texte zu Stereotypen von Afroamerikanern in der Unterhaltungsindustrie kombinierte. Auf einer quadratischen Leinwand von 213 x 213 cm trug er Schichten aus unverdünnter Farbe als Untergrund auf: in erster Linie Gelb sowie kleine Flächen in Schwarz und eine in Türkis. Darauf zeichnete er Figuren und Symbole in seinem unverkennbaren Stil und schuf so ein lebendiges, spannungsgeladenes Werk. Die auffälligsten Elemente sind die drei Köpfe und die Hand in der unteren rechten Ecke, alle umgeben von Worten. Den zweimal vertretenen Titel des Gemäldes Hollywood Africans verknüpfte Basquiat mit der Jahresangabe 1940 und zog so einen kritischen Vergleich zu den Vorurteilen und der Behandlung von Afroamerikanern Jahrzehnte zuvor.

Hollywood Africans

Das 1983 während einer Reise nach Los Angeles geschaffene Bild enthält mehrere autobiografische Bezüge: Es stellt ihn mit dem Hip-Hop-Musiker Rammellzee und dem Maler Toxic dar, die mit Basquiat nach Los Angeles gereist waren, und zeigt auch die Ziffern seines Geburtsdatums (12, 22 und 60). Dem stellte Basquiat den begrenzten Raum gegenüber, der schwarzen Schauspielern in Hollywood eingeräumt wurde, sowie Ausdrücke, die historisch mit Rassismus assoziiert werden. Das Konzept von Ausgrenzung und Segregation wird auch dadurch impliziert, dass viele der Wörter durchgestrichen sind. Zu dieser Technik erklärte Basquiat: „Ich streiche die Wörter durch, damit sie dir eher ins Auge fallen. Dadurch, dass sie verdeckt sind, willst du sie lesen.“ Durch die Kombination positiver mit erniedrigenden, stereotypen Botschaften schuf Basquiat ein Werk, das gleichzeitig die Populärkultur und die amerikanische Gesellschaft kritisiert.

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