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Wifredo Lam, eine intime Vision des modernen Primitivismus

Wifredo Lam (1902-1982) ist ein international anerkannter kubanischer Künstler, der vor allem für seine diverse Malerei bekannt, in der er auf innovative Weise das kulturelle Erbe seiner afro-karibischen Herkunft mit der französischen Avantgarde sowie seiner Begeisterung für afrikanische Skulpturen miteinander verband. Seine Kunst reflektiert und thematisiert die kulturelle Diversität seines Herkunftslandes: Sein Vater war Migrant aus China und seine Mutter Nachfahrin afrikanischer Sklaven. Während seiner Karriere reiste er viel um unter anderem seine Freundschaften mit Pablo Picasso, André Breton sowie Miguel Berrocal zu unterhalten und formte seine eigenen Formensprache und einzigartigen Bilder indem er die Themen sozialer Ungerechtigkeit, Spiritualität und Wiedergeburt.

Die Skulptur Firebird von 1970 verbindet das Vermächtnis des Kubismus mit dem Surrealismus sowie spirituellen Themen und Einflüssen afrikanischer Skulpturen und stellt ein seltenes Beispiel seiner plastischen Arbeiten dar.

Entdecken Sie in diesem Artikel die aufregende Karriere des international bekannten Malers, der zu Beginn seiner Karriere in den 30er-Jahren die Wahrnehmung nicht-europäischer Kunst in den westlichen Ländern revolutionierte.

Wifredo Lam & Pablo Picasso

Von der Ablehnung des kubanischen Akademismus zur Avantgarde

Wifredo Lam wurde 1902 in einem kleinen Dorf auf Kuba geboren, nur drei Jahre nach dem ende der Kolonialherrschaft Spaniens. Trotz der ausgerufenen Unabhängigkeit und einer wachsenden amerikanischen Präsenz auf dem Staatsgebiet, ist der Einfluss des Akademismus und der traditionellen spanischen Malerei zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die Künstler der noch jungen Republik weiterhin vorherrschend.

Zur San Alessandro Academy of Fine Arts in Havanna wurde Lam 1916 zugelassen, gerade zum Beginn der Avantgardebewegung die den kubanischen Akademismus noch bis zum Ende der 1920er-Jahre erschütterte. 1923, nach einer Ausstellung im Salon of Fine Arts, erhielt er ein Stipendium für die weitere Ausbildung in Spanien. Der zunächst nur für einige wenige Monate geplante Aufenthalt sollte 14 Jahre dauern und einen bleibenden Einfluss auf die künstlerische Entwicklung des Künstlers haben. Mit 21 Jahren entdeckte der junge Künstler die europäische Avantgarde und spanischen Meisterwerke im Madrider Prado. Einige Jahre später dann, in den 30er-Jahren, begann Wifredo Lam sich für politische Themen und soziale Ungerechtigkeit zu engagieren, indem er sich den republikanischen Truppen in ihrem Kampf gegen Franco anschloss. Sein erstes Werk, das sich mit sozialen Problemen auseinandersetzt, ist die 1937 entstandene Gouache-Malerei Guerra Civil.

Wifredo Lam, Guerra Civil, 1937, Gouache auf Papier

Paris, Picasso & der Primitivismus

Wifredo Lam verließ Madrid 1938 und zog nach Paris. Die Stadt der Avantgarde, mit ihrem einzigartigen künstlerischen Stimmung läutete dann seine große Karriere ein. Schnell traf er Pablo Picasso in dessen Atelier in der Rue des Grands Augustins und es entwickelte sich eine starke Verbindung zwischen beiden Künstlern.

Picasso stellte Lam seinen befreundeten Malern, Kritikern und Poeten vor: Georges Braque, Henri Matisse sowie André Breton. Diese waren besonders von seiner kulturell diversen Herkunft begeistert, deren Einfluss sie für eine der großen Stärken seiner Werke ansahen. Über diesen Kreis der Avantgardisten entdeckte er die Faszination für das Unbewusste und Fantastische sowie vertiefte seine Kenntnisse über afrikanische und ozeanische Kulturen. Von da an wurde Lams künstlerische Handschrift resolut modernistisch, indem er mit kubistischen Techniken sowie der Entdecken des Unbewussten widmete. Letzteres machte Ihn zum aktiven Teilnehmer der Surrealismus-Bewegung. 1939 hatte er in der Galerie Pierre seine erste Soloausstellung in der er seine Ölmalerei Visage Cubiste vorstellte.

Rückkehr nach Kuba & die Bekräftigung einer afro-kubanischen Identität

Nach mehr als 18 Jahren im Exil kehrte Lam 1941 nach Havanna zurück um dem zweiten Weltkrieg zu entkommen. Zurück im Heimatland wird er mit dem immer noch anhaltenden Rassismus sowie politischer Korruption konfrontiert. Dies brachte ihn dazu das Elend seiner Landes sowie seine eigene afro-kubanische Herkunft zu untersuchen.

Sich auf seine Familie sowie Wurzeln besinnend, entdeckte er afro-kubanische Voodoorituale und begeisterte sich für die Santeria Religion. Diese mystischen Riten repräsentierten für ihn den Traum und die surrealistischen Untersuchungen des Unterbewussten sowie die kubistischen Formen, denen er sich in Paris gewidmet hatte. Er malt die kubanische Vegetation mit Ockertönen, vibrierendem Grün sowie Orangetönen, die typisch für die karibischen Inseln sind. Mit diesen einzigartigen Werken zeigt er eine noch unbekannte kubanische Bilderwelt. Das 1943 entstandene Werk La Jungla gilt als bedeutendstes Werk dieser Periode. Wenige Jahre später wurde es im MoMa in New York ausgestellt, wo es heute noch aufbewahrt wird.

Wifredo Lam, La Jungla, 1943, Öl auf Leinwand

The Firebird, 1970

Am ende des zweiten Weltkrieges ist Wifredo Lam bereits international bekannt: Die Castro-Revolution machte ihn zum Nationalhelden, er besuchte regelmäßig die Vereinigten Staaten und seine Werke wurden in internationalen Museen ausgestellt. In den 60er-Jahren zog er nach Italien wo er sich für 20 Jahre in der kleinen Küstenstadt Albissola niederließ. In seinem Studio legte er eine große Sammlung an Skulpturen afrikanischer und ozeanischer Kulturen an – diese Leidenschaft initiierte sein Freund Picasso. Hier beschäftigt sich der Künstler erstmals tiefergehend mit der Herstellung von Keramiken und Skulpturen. Die intime Verbindung mit dem Werkstoff Ton ist für den Künstler hochsymbolisch und bezeichnend für seine Begeisterung für den Primitivismus und seiner Ursprünge.

In den 1970ern trifft er den spanischen Bildhauer Miguel Berrocal, der ihn ermutigt limitierte Editionen seiner Tonskulpturen zu kreieren. Gemeinsam arbeiteten sie am symbolkräftigsten und einprägsamsten Motiv Lams: Dem Vogel. So entwickelten sie das Konzept des Firebirds und des Iron Birds. Dabei handelt es sich um zwei Vögel verschiedener Materialien, einer in Messing, der andere in Silber. Berrocal unterstützte Lam bei technischen Problemen mit der Herstellung der Skulptur und seiner Zusammensetzung, während Lam das Design und Konzept des Firebirds entwickelte. Es handelt sich dabei um ein altes und universelles Symbol der spirituellen Reise des Menschen.

Die Firebird-Edition umfasst fünf Künstlerkopien sowie 500 signierte und nummerierte Kopien spritzgegossenen und polierten Messings.