Künstler

Im Gespräch mit Siegbert Hahn

Der Künstler Siegbert Hahn

Bei dem deutschen Künstler Siegbert Hahn zeigte sich schon sehr früh die Begeisterung für die bildende Kunst. Werke alter Meister bestaunte der 1937 in Breslau geborene Künstler bereits als Schüler mit großer Ehrfurcht. Als „Natura mystica“ bezeichnet Hahn seine gegenständliche Ölmalerei. Seine Bilder spüren dem Geheimnis der Natur nach und suchen, ihren rätselhaften, mystischen Kern einzufangen. Wie Siegbert Hahn seinen Tag verbringt und woher er seine Motivation zum Malen nimmt, erfahren Sie in diesem Interview von Annika Nein.

Was machen Sie morgens, sobald Sie aufgewacht sind?

Nachdem ich wach geworden bin, denke ich als erstes an meinen verstorbenen Mann Peter. Nach der Morgentoilette und dem Frühstück gehört zu meinen alltäglichen Ritualen das Lesen der Tagespresse und das Einkaufen. Danach gehe ich in meine kleine „Malkammer“, wie ich mein Atelier nenne.

Was inspiriert Sie besonders?

Ich benötige keine Inspiration. Ich male jeden Tag. Es gibt natürlich Tage, an denen ich nicht male, jedoch sind das für mich vergeudete Tage. Denn: Malen ist mein Leben.

Siegbert Hahn, Der rote Hahn, (1993), Öl auf Leinwand,  80x100cm.
Siegbert Hahn, Der rote Hahn (1993), Öl auf Leinwand, 80x100cm.

Wie kommen Sie zu Ihren Bildmotiven?

Die Bilder kommen zu mir! Das hört sich im ersten Moment vielleicht seltsam an, jedoch erscheinen mir die Bilder in meiner Phantasie – vor meinem inneren Auge. Dabei sehe ich die Farbigkeit, die Größe und das entscheidende Motiv des Bildes. Damit die Bilder in meiner Imagination den Weg auf die Leinwand finden, fertige ich kleine, unscheinbare Skizzen an, anhand derer ich die bildhafte Vorstellung des Motivs später auf die Leinwand bringen kann.

Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus?

Mein Atelier befindet sich in unserer gemeinsamen Wohnung. Als ich 1970 mit meinem Mann Peter in die Wohnung gezogen bin, habe ich mir sofort das kleinste Zimmer (zirka 4,5 m²) mit Tageslicht ausgesucht. Ich habe mich direkt in diesen keinen Raum verliebt. Hier entstanden die kleinsten und feinsten Miniaturen sowie die größten Blütenbilder. Nach über 60 Jahren als freischaffender Künstler bin ich bis heute froh über die damalige Entscheidung.

 Einblick ins Atelier des Künstlers Siegbert Hahn.
Einblick ins Atelier des Künstlers Siegbert Hahn.

Würden Sie uns Ihre Maltechnik und Ihren Stil beschreiben?

Ich wende bei meinen Bildern ausschließlich die in Jahrhunderten bewährte Technik der Ölmalerei an (kein Acryl). Ich fühle mich der europäischen Maltradition verpflichtet, die in der altniederländischen Ölmalerei (15./16. Jahrhundert) ihre grandiosen Höhepunkte hatte. Meine Vorbilder sind die Alten Meister! Mein moderner und neuer Blick auf die Natur in der alterprobten Öltechnik ist bezeichnend für meinen Stil. Müsste ich mich einer Malrichtung unterordnen, so würde ich mich als einen modern zeitgenössischen Maler in der Nachfolge der Romantiker bezeichnen.

Die dominanten Themen meiner gegenständlichen Malerei sind die Natur, ihr Geheimnis und ihre Schönheit. Meine Sinnbilder, die ich unter dem Begriff der „Natura mystica“ zusammenfasse, bilden alle das Geheimnis der Natur, des Lebens und der Menschen ab. Frische, leuchtende und kräftige Farben in all ihren Nuancen sind Kennzeichen meiner Malerei.

Siegbert Hahn, Kleines Winterstillleben (1977), Öl auf Holz, 17x26cm.
Siegbert Hahn, Kleines Winterstillleben (1977), Öl auf Holz, 17x26cm.

Was sind die wichtigsten drei Utensilien in Ihrem Atelier?

Unabdingbar für mich und meine Malerei sind die Staffelei, meine unzähligen Tuben an Ölfarben sowie meine vielen Pinsel. Darüber hinaus sind meine Leinwände bzw. Holztafeln die Basis für mein Schaffen.

Wie stellen Sie fest, dass ein Kunstwerk fertig ist?

Ein Bild ist fertig, wenn ich mit diesem zufrieden bin. An meinen Bildern male ich über Wochen und Monate. Ich betrachte meine kleine unscheinbare Skizze und überprüfe das Gemälde mit dem Bild, dass ich in meiner Phantasie gesehen habe.

Bei meinen Werken bedeutet „fertig“ nicht, dass ich das Bild signiert und einen Bildtitel vergeben habe. Es gehört unbedingt das Auftragen des Firnisses dazu. Und erst wenn Leinwände oder Holztafeln im handgefertigten Rahmen eingelassen sind, ist das Gesamtkunstwerk fertig.

Siegbert Hahn, Fruchtquelle (1999),  Öl auf Leinwand, 30x40cm.
Siegbert Hahn, Fruchtquelle (1999), Öl auf Leinwand, 30x40cm.

Was machen Sie gerne, um sich nach einem Arbeitstag zu entspannen?

Zunächst einmal sehe ich meine Malerei nicht als Arbeit an. Für mich ist das, was ich tue, ein Vergnügen! Je mehr Zeit ich damit verbringe, umso besser! Ich freue mich über jeden Tag, an dem ich mich an die Staffelei setzen darf, wenn ich die Farben mische und in aufwendiger Technik die inneren Bilder, der Phantasie entsprungen, auf die Leinwand bannen darf.

Zu Beginn unsere Interviews erwähnten Sie Ihren Lebensgefährten Peter. Welchen Einfluss hatte Ihr Mann auf Ihre Malerei?

Ich traf meinen Mann Peter 1966 in Köln und fortan waren wir unglaubliche 52 erfüllte Jahre zusammen. Einen Einfluss auf meine Gemälde / Malstil / Motivwahl durch meinen Mann Peter gab es nicht. Jedoch war sein Einfluss auf mein Leben als Künstler enorm.

Siegbert Hahn, Zwei im Ei (1997),  Öl auf Leinwand, 60x85cm.
Siegbert Hahn, Zwei im Ei (1997), Öl auf Leinwand, 60x85cm.

Seit fast 60 Jahren lebe ich als freier Künstler, besser gesagt, habe ich überlebt. Das bedeutet: kein festes Einkommen. Pünktlich allein sind nur die Rechnungen. Erst am 31. Dezember eines Jahres weiß ich, ob es ein gutes Jahr war, ob ich genügend Verkäufe hatte. Dazu braucht man starke Nerven.

Ich konnte diese Zeit nur durchhalten mit Hilfe meines „Schutzengels“. Mein Mann Peter Guckel gab mir Schutz, Geborgenheit und Sicherheit. Nur ihm verdanke ich, dass ich mich als Maler verwirklichen konnte. Daher widme ich Peter mein gesamtes Werk.

Ihr Stil ist in meinen Augen besonders. Wo und wann haben Sie Ihren Stil gefunden?

Siegbert Hahn, Pflaumen (1985), Öl auf Holz, 15x21cm.
Siegbert Hahn, Pflaumen (1985), Öl auf Holz, 15x21cm.

Als Autodidakt glaube ich an die gegenständliche Malerei. So habe ich unabhängig von Moden und Ismen in der Kunstwelt meinen eigenen gegenständlichen Malstil entwickelt, der sich in keine der üblichen „Schubladen“ ablegen lässt. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass mein Mann Peter mir diesen Freiraum ermöglicht hat und mein Schaffen in jeglicher Form unterstützt und gefördert hat.

Ich betrachte mich und mein Werk als Anachronismus – ich male gegen die Zeit. So habe ich zum Beispiel als einer der ersten (wenn nicht sogar als erster) Maler die Umweltzerstörung erstmals 1966 in meinen Bildern aufgegriffen – lange bevor nichtstaatliche Organisationen (NGOs) oder Regierungen sowie Parteien dieses Thema für sich „entdeckt“ haben.

Was ist Ihr Lieblingsaspekt in Ihrem kreativen Arbeitsprozess?

Wenn mir etwas gelungen ist und meine Gemälde ihren Platz im Leben meiner Bildbesitzer finden.

Siegbert Hahn, Der Waldfisch (1999), Öl auf Leinwand, 80x100cm.

Weitere Werke, Informationen und Bilder des Künstlers Siegbert Hahn finden Sie in der Online-Galerie Singulart unter: Singulart – Siegbert Hahn .

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