Kunstgeschichte  •  Kunstwerke unter der Lupe

Die „Seerosen“ von Claude Monet

Claude Monets Seerosen

In den letzten 35 Jahren seines Schaffens beschäftigte sich der französische Maler Claude Monet (1840 – 1926) in erster Linie mit der Gestaltung seines Gartens in Giverny, einem Dorf in der Normandie, gute 60 km nordwestlich von Paris gelegen. Dieser Garten diente ihm als Inspiration und Vorlage für seine Gemälde, darunter eine Serie an Bildern, die den Zierteich mit Seerosen zeigen. Während die Motive immer dieselben blieben, malte Monet sie zu unterschiedlichen Tageszeiten und Wetterbedingungen. Zu den insgesamt 250 Ölgemälden, die unter „Nymphéas“ (Seerosen) zusammengefasst werden, gehört eines der berühmtesten Werke Monets aus dem Jahr 1906. Dieses in Öl auf Leinwand (90 x 94 cm) geschaffene Bild trägt wie zahlreiche andere der Serie den schlichten Titel „Seerosen“ und wurde erstmals 1909 in der Galerie Durand-Ruel in Paris ausgestellt, die das Gemälde von Monet erwarb. 2013 ging es aus einem Nachlass in den Besitz des Art Institute of Chicago über.

Haus und Garten Claude Monet

Monet zog 1883 mit seiner Familie in das Haus im Dorf Giverny und begann mit dem Anlegen eines Ziergartens. Einige Jahre später kaufte er ein benachbartes Grundstück, wo nach japanischem Vorbild ein Wassergarten samt Brücke und Zierteich angelegt wurde. Zum einen war Monet leidenschaftlicher Gärtner, dessen Interesse an Gartenkunst an Besessenheit grenzte, und zum anderen war er Sammler japanischer Holzdrucke, woher er mit der Ästhetik und Gestaltung typisch japanischer Gärten vertraut war. So ließ er unter anderem Kirschbäume, Bambus und eine aus Japan importierte Seerosenart pflanzen. 

Ein Bild, das Blume, Baum, draußen, Garten enthält.

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Claude Monets Haus und Garten in Giverny im Frühling. Giverny Foto von Ariane Cauderlier.

Für die Pflege seines Paradieses hatte Monet ein halbes Dutzend Gärtner angestellt, die mit Pflanzen und Bäumen aus aller Welt dafür sorgten, dass zu jeder Jahreszeit etwas anderes blühte. Einer von ihnen war einzig und allein mit der Pflege der von Monet geliebten Seerosen betraut. 

Auf dem Grundstück ließ er auch ein Atelier bauen, in dem er genug Platz für das Schaffen seiner zum Teil wandfüllenden Werke hatte.

Claude Monet in seinem eigens für großformatige Bilder angefertigten Atelier. Foto: Fondation Claude Monet.
Claude Monet in seinem eigens für großformatige Bilder angefertigten Atelier. Foto: Fondation Claude Monet.

Durch den Nachlass eines seiner Söhne gingen Haus und Garten in Giverny in den Besitz der Académie des Beaux-Arts in Paris über und können seit 1980 besichtigt werden.

Wasserlandschaften

Während Monets frühe Werke realistische Züge trugen und er später zu einem der Begründer und bedeutendsten Vertreter des Impressionismus wurde, konzentrierte er sich in seinem Spätwerk vor allem auf Licht-, Form- und Farbspiele und seine Liebe zur Natur. Bei den Gemälden, denen der Wassergarten als Vorbild diente, ging Monet schließlich von detaillierten Landschaftsbildern zu einem freieren Spiel mit Farben und Formen bis hin zur Abstraktion über. 

Claude Monet Seerosenteich in Giverny.
Claude Monet Seerosenteich in Giverny. Giverny Foto von Ariane Cauderlier

Reflexlandschaften

Am häufigsten malte Monet den Seerosenteich, wobei in diesen Gemälden zunächst oft auch ein Abschnitt des Ufers, Bäume und andere Pflanzen am Rand des Teichs und ihre Spiegelungen auf der Wasseroberfläche zu sehen sind. Monet selbst nannte diese Werke „Reflexlandschaften“.

1899 schuf Monet eine Reihe von 12 Gemälden der Brücke über den Seerosenteich, deren berühmtestes Bild mit dem Titel „Die japanische Brücke“ zur Sammlung der National Gallery of Art in London gehört. 

Claude Monet, "Die japanische Brücke" (1899), Öl auf Leinwand,  81.3 x 101.6 cm.
Claude Monet, „Die japanische Brücke“ (1899), Öl auf Leinwand, 81.3 x 101.6 cm. Bild: National Gallery of Art.

Im Laufe der Zeit malte Monet immer kleinere Ausschnitte und nahm sich größere Freiheiten. Das Gegenständliche löst sich in grobe Pinselstriche auf, die Farben weichen vom Original ab. Mehr und mehr entstanden seine Werke nicht mehr vor Ort im Freien, sondern in seinem Atelier, wo er auch zunehmend größere Formate wählte, bis hin zu einer Abmessung von 2 x 6 Metern.

Während frühere Werke einen Teil des Himmels zeigen, wählte Monet später die Perspektive nach unten und konzentrierte sich auf die Wasseroberfläche mit schwimmender Vegetation inmitten einer Reflexion des Himmels und der Bäume. So schuf er auf einer vertikalen Fläche das Bild einer horizontalen Fläche. Das geschickte Spiel mit Tiefen lässt den Betrachter in ein dreidimensionales Blau eintauchen, bei dem oft nicht klar ist, wo das Wasser aufhört und der Himmel anfängt.

Abstraktion

Monet war an grauem Star erkrankt und sagte, er würde schlichtweg nach den Namen malen, die auf den Farbtuben standen. Er mag allerdings auch einfach das Refugium seines Gartens dafür genutzt haben, um frei mit Farben und Formen zu experimentieren, nachdem er die Motive bereits jahrzehntelang studiert und gemalt hatte. Zudem verwendete er des Öfteren gebrochene oder abgenutzte Malpinsel, was in einigen Werken an der Strichführung zu erkennen ist. 

Bilder: Details von zwei „Seerosen“-Werken von Claude Monet. Quelle: Art in Words.

Privates Refugium

Sein Garten wie auch der Großteil seiner Gemälde dieser Zeit blieben für die Augen der Öffentlichkeit verschlossen. Monet stellte kaum noch aus und war finanziell nicht mehr dazu gezwungen, seine Bilder zu verkaufen. Nur vereinzelt war es langjährigen Sammlern möglich, das eine oder andere Werk aus dieser Zeit zu erstehen. Auch die schließlich in Paris ausgestellten Werke mit Seerosen stießen zunächst auf wenig Interesse und wurden vom Publikum weitgehend ignoriert.

Claude Monet am Seerosenteich in Giverny.
Claude Monet am Seerosenteich in Giverny. Foto: Wikipedia.

Die Seerosen in der Kunstwelt von heute

Gemälde der Serie „Nymphéas“ sind in Museen rund um die Welt ausgestellt, darunter das Musée d’Orsay in Paris, das Museum of Modern Art in New York, das Nationalmuseum für westliche Kunst in Tokio und die National Gallery of Australia in Canberra. Bereits in den 1920er Jahren ließ das Musée de l’Orangerie in Paris zwei ovale Ausstellungssäle bauen, die bis heute acht großformatigen Seerosen-Gemälden mit einer Breite von bis zu 17 Metern gewidmet sind.

Ein Bild, das Decke, drinnen, Wand, Boden enthält.

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Seerosenbilder im Musée de l’Orangerie in Paris. Foto: White Live Hotels.

Einige der 250 Bilder der Serie wurden inzwischen von den Auktionshäusern Sotheby’s und Christie’s versteigert, bei denen die zeitlose Schönheit von Monets Seerosen Preise von 20 bis 45 Millionen Euro pro Werk erzielte. 

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