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5 Minuten mit der Kuratorin Anna Šútorová

Anna Šútorová studierte Kunst- und Kulturmanagement in Paris bevor sie sich als Kuratorin selbständig machte. Als Slowakin pflegt sie eine enge Beziehung zu ihrer Botschaft in Paris und den Künstlern, die durch deren Programme den Weg nach Paris gefunden haben. Sie kuratiert zurzeit die finale Ausstellung von Ján Vasilko nach dessen Residenz. Singulart sprach mit ihr über Künstlerresidenzen und die Besonderheiten des Kuratierens einer solcher Ausstellung.

Was mögen Sie am Kuratieren?

Bevor ich mit Kuratieren begann, las ich einen Artikel des Schweizer Kurators Hans Ulrich Obrist, darin erzählt er, dass der Schriftsteller JG Ballard ihm gegenüber mal erwähnte, dass ein Kurator eigentlich Verbinder von Knotenpunkten ist. Das hat mich wirklich angesprochen, da ich bei allen meiner Projekte immer den Drang verspüre, Relationen zu erstellen. Ich denke in Zusammenhänge und möchte diese Art der Vernetzung in die Ausstellungen einbringen, auch wenn die Künstler vielleicht nicht dieselben Verbindungen und Referenzen in ihrer Kunst sehen wie ich.

Diese Affinität für den Zusammenhang von Thematiken beschränke ich nicht nur auf Kunst, es kann auch vom Sozialen herrühren. Ich genieße es, Menschen mit der Arbeit des Künstlers zu verbinden und umgekehrt. Dies ist ein sowohl subjektiver als auch objektiver Grund, warum ich gerne kuratiere. Ein weiterer ist, dass ich die Herausforderung genieße. Mit jeder neuen Ausstellung und jedem neuen Künstler muss ich mich in ein anderes Thema vertiefen, wodurch ich jedes Mal eine Menge lerne.

Kuratieren Sie Ausstellungen nach einer Künstlerresidenz anders, als andere Ausstellungen?

Der Hauptunterschied besteht darin, dass ich mir außerhalb eines Residenzprogrammes selber ein Thema auswähle, das mich interessiert. Damit trete ich dann an Künstler heran, deren Arbeit und Medien zu meiner Idee passen und diese veranschaulichen. Ich gehe auf die Künstler zu, die für das Projekt geeignet sind. 

Im Rahmen einer Residenz ist dies anders. Ich habe ich die Möglichkeit, den Fortschritt der Kunstwerke während der Residenz zu beobachten, mit welchen ich schlussendlich arbeiten werde. Somit wähle ich also keine spezifischen Stücke aus dem bestehenden Repertoire aus, sondern arbeite mit den neu kreierten Werken. Ich schätze es, eng mit den Künstlern in Residenz zusammenarbeiten, ich schreibe die Texte und arbeite an dem Konzept der Ausstellung während Sie die Kunst produzieren, dies ergibt eine organische Entwicklung des Endprojektes.

Was kann eine Residenz Ihrer Meinung nach einem Künstler bieten? Warum sind sie wichtig?

Für viele Künstler ist das künstlerische Schaffen eine solitäre Tätigkeit – natürlich nicht für alle, aber viele Kunstschaffende neigen dazu, in einer Art Isolation zu arbeiten. Einerseits kann ein Aufenthalt in einer Residenz den Künstlern eine neue Arbeitsumgebung bieten, was mit viel Input und Inspiration verbunden ist. Andererseits finden sich bei Residenzen oftmals viele Künstler zusammen, die auf engstem Raum an ihrem künstlerischen Schaffen arbeiten, dies kann sehr fruchtbar sein und Kreativität fördern. Ich traf einige Künstler, die während dieser Zeit neue artistische Gruppen gründeten oder sich neuen Bewegungen anschloßen. 

Für begehrte und bekannte Residenzen bewerben sich unzählige Künstler. Die Institution welche diese Residenzprogramme anbietet, wählt die Künstler aus, die sie unterstützen möchten und in denen sie Potenzial sehen. Somit fungieren Residenzen als eine Art Bestätigung, ein Zeichen von Qualität, da die Institutionen in der Kunstszene geachtet sind und respektiert werden. Möchte man verstehen, wie gefragt und etabliert ein Künstler ist, schaut man im Lebenslauf nicht nur auf die Solo- oder Gruppenausstellungen, Residenzprogrammen sind hierfür auch ein guter Indikator. Natürlich gibt es verschiedene Größen und Bekanntheitsgrade von Residenzen, meine Erläuterung gilt für die bekanntesten.

Können Sie mir ein wenig mehr zu den letzten beiden Ausstellungen erzählen, welche Sie für Künstler nach deren Residenz kuratiert haben?

Im Dezember arbeitete ich mit Nasa Kim Bo, ein Kambodschanischer Künstler der nach Paris kam, als er noch klein war. Ich fand dieses Projekt sehr spannend, auch weil er Skulpturen verwendet. Die Idee der Ausstellung war es, sein Atelier als eine Art „Wunderkammer“ oder Kuriositätenkabinett zu präsentieren. Hierfür platzierte ich viele Objekte neben den Skulpturen, die Kim Bo während seiner Residenz in Paris fand und sammelte, als Ergänzungen und Gegenpole. Diese dreidimensionale Qualität von Skulpturen ermöglicht dem Betrachter eine Art Interaktion mit der Kunst, eine andere Betrachtungsweise. Bei Gemälden muss man sich auf die Wände verlassen, die Kunst darzustellen, dies ist ganz eine andere Erfahrung. 

Flyer der Ausstellung „Individuation“ von Kim Bo, kuratiert von Anna Šútorová

Jetzt arbeite ich mit Ján Vasilko, einem slowakischen Künstler, der sich derzeit im Residenzprogramm der Cité Internationale des Arts befindet. Er gehört zu der Generation von Künstlern, die in der Slowakei nach der Jahrtausendwende sehr populär geworden sind. Seine Kunstwerke zeigen abstrakte und geometrische Figuren die aus horizontalen und vertikalen Linien bestehen.

Anna Šútorová mit Künstler Ján Vasilko

Seine Ausstellung ist vom 19. bis 21. Februar in der Glassbox: 4 Rue Moret, 75011, Paris zu sehen.

Beide Künstler waren im selben Residenzprogramm?

Ja, beide Künstler waren oder sind noch im Residenzprogramm der „Cité internationale des Arts„. Die Künstler werden von den Institutionen, denen die verschiedenen Ateliers gehören, für diese Residenzen empfohlen. Sie können die Personen nominieren, die sie unterstützen möchten. Sie ist nicht auf die Malerei beschränkt, sondern auch offen für das Schreiben, die Performance-Kunst und andere Kunstformen.

Herzlichen Dank an Anna Šútorová! Hat Ihnen das Interview Lust auf neue Inspiration gegeben? Entdecken Sie Werke, die zum Reflektieren anregen:

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