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Die Kuratorinnen der Art Barter: Lauren Jones und Alix Janta-Polczynski

Singulart hatte das Vergnügen mit Lauren Jones und Alix Janta-Polczynski über ihre Arbeit als Kuratoren zu sprechen und mehr über ihr gemeinsames Projekt Art Barter zu erfahren.

Art Barter wurde kurz nach der Wirtschaftskrise 2008 gegründet und bietet eine innovative Art des Kunstsammelns: Die Öffentlichkeit kann Kunstwerke erwerben, indem sie etwas anderes als Geld anbietet. In dieser Reihe von physisch kuratierten Ausstellungen werden aufstrebende Künstler neben Künstlern wie Tracey Emin, Gavin Turk und Tom Sachs als Gleichberechtigte präsentiert. Während der Ausstellungsdauer können die Besucher Waren und Dienstleistungen für die ausgestellten Werke anbieten, und das Lieblingsangebot des Künstlers gewinnt. Jones und Janta-Polczynski haben das Projekt an verschiedene Standorte auf der ganzen Welt gebracht und im vergangenen Jahr in Athen ihre zehnte internationale Veranstaltung gefeiert.

Wie entstand die Idee für die Art Barter?

LJ: 2009 lebten wir beide in London und wussten, dass wir gerne ein gemeinsames Projekt realisieren möchten. Zahlreiche Projekte die zu der Zeit stattfanden, haben uns beeinflusst. Wie zum Beispiel ‚the Free Shop‘, einen Laden in denen Menschen Spenden bringen und entgegennehmen konnten.

AJP: Und sie hatten eine Tafel, auf der die Leute aufschreiben konnten, welche Dienste sie anbieten und welche Gegenleistung sie suchen.

LJ:  Es herrschte das Gefühl, dass die Menschen einen alternativen Weg suchten, um das zu bekommen, was sie wollten. Wir waren auch mehr an den Künstlern und den Kunstwerken selbst interessiert, als an ihren Marktwerten. Also haben wir versucht, all diese Dinge mit aufzunehmen und sind auf den Kunsthandel gekommen.

Lauren Jones, Alix Janta-Polczynski und Künstlerin Olga Miliaresi–Foka in ihrem Studio. Athen, 2019

Wie organisiert Ihr die einzelnen Ausstellungen?

LJ: Bei der allerersten Ausstellung wussten wir nicht wirklich was und wie wir dies organisieren sollten. Keine von uns hatte je selbst eine Ausstellung kuratiert. Wir dachten uns zunächst, dass wir hundert, in London ansässige Künstler ausstellen wollen. Als wir fünfzig Konfirmationen erreichten, merkten wir, dass wir besser aufhören sollten, denn sonst würde die Ausstellung zu hektisch werden. Wir hatten sowohl einige etablierte Namen wie Tracey Emin, gingen aber auch zu allen Diplomausstellungen der Kunsthochschulen.

AJP: Das war der beste Teil. Es war so schön, diese Künstler am Ende ihres Studiums zu sehen, begeistert davon, neben etablierten Künstlern gefördert zu werden. Einige Aspekte waren jedoch schwieriger. Zum Beispiel hatten die Leute leider die falsche Vorstellung, dass, weil es nur um Tauschhandel ging, kein Geld gebraucht werden würde.

LJ: Um eine qualitativ hochwertige Show zu machen und einen tollen Standort im Zentrum von London zu bekommen, mussten wir Geld sammeln. Bei der ersten Veranstaltung hatten wir wirklich Glück. Wir hatten einen Freund, der uns einen tollen Sponsor gefunden hatte: ‚Green and Blacks Chocolate‘. Sie wollten Sir Peter Blakes ‚Schokokunst‘ zeigen – ein riesiges Design aus Schokoladentafeln – also stellten wir das Kunstwerk in der Ausstellung aus. Es war wirklich cool und natürlich toll, dass Peter Blake mit Art Barter in Verbindung gebracht wurde. Wir wurden auch von Absolut Vodka unterstützt. Die erste Ausstellung war die beste.

AJP: Das lag aber auch daran, dass wir in der Stadt wohnten, was es einfacher machte. Wenn wir in andere Städte fuhren, mussten wir wieder von vorne anfangen: Wir kannten keinen der Künstler, wir hatten keine Kontakte zur Presse.

LJ: Manchmal kannten wir nicht einmal die Sprache. Aber wir wollten uns selbst herausfordern. Wir wollten nicht nur in London bleiben und auf dem aufbauen, was wir bereits getan hatten.

Was war Eure Lieblingsedition der Art Barter?

LJ: Ich würde sagen, Mexiko-Stadt. Es hat so viel Spaß gemacht, aber es stand auch auf der Kippe, ob es tatsächlich stattfinden würde. Kurz bevor die Ausstellung beginnen sollte, scheiterten unsere Flüge. Ein paar Wochen später ging es wieder los, aber wir mussten innerhalb weniger Tage alles neu organisieren: die Ausstellungstermine ändern, einen neuen Ort finden, alle neu einladen, alle Studios besuchen… und der Sohn von Alix war damals gerade neun Monate alt und kam überall mit uns mit. Aber es war unglaublich! Wir hatten einige der berühmtesten Künstler Mexikos und erstaunliche Studenten. Manchmal, wenn man nicht viel Zeit zum Planen hat, erzeugt das die beste Energie für ein Projekt.

Art Barter Mexico-Stadt, 2015

Was war der beste Austausch?

LJ: Künstler mögen es wirklich, wenn ihnen Urlaube angeboten werden.

AJP: Oder auch praktischere Dinge, wie eine Übersetzung für ein Buch, das sie gerade veröffentlichen wollen. Oder es gab ein Mädchen, das Tom Sachs wirklich liebte und ihm anbot, hundert Stunden lang in seinem Atelier zu arbeiten. Und dann gibt es noch ein paar ganz sonderbare wie Körperorgane…

LJ: Normalerweise werden sie aber nicht in Anspruch genommen! Ich liebe es wirklich, wenn Kinder gewinnen. Es gab ein dreijähriges Mädchen, das einem Künstler anbot, ein Lied für ihn zu singen, das war wirklich süß. Oder der fünfjährige Junge, der sein Lieblingsspielzeug – ein ferngesteuertes Auto – anbot, und er gewann dieses riesige, etwa 3 mal 2 Meter große Gemälde. Als die Eltern das herausgefunden haben, sagten sie: „Nein, wirklich? Er hat gewonnen?!“

AJP: Er war so groß, dass er nicht in sein Zimmer passte!

Durch die Förderung dieses neuen Austauschsystems im Kunsthandel, seht Ihr Euch als Fürsprecherinnen für einen Wandel im Umgang und in der Interaktion von Menschen mit Kunst?

LJ: Ich glaube nicht, dass wir jemals versucht haben, eine Veränderung zu erzwingen oder etwas zu ersetzen. Wir wollten nur zeigen, dass es einen alternativen Weg gibt, und für uns ging es eigentlich mehr darum, Menschen zusammenzubringen.

Art Barter Dubai 2016

Wie würdet Ihr einen typischen Arbeitstag für Euch beschreiben?

LJ: Ich denke, das typischste an unserer beider Tage ist, dass es nie typisch ist. Ich denke, das ist es, was wirklich Spaß macht. Vor allem bevor wir Kinder hatten, gab uns Art Barter einen wirklich guten Grund zu reisen und immer in Bewegung zu bleiben – man kommt in ein Land und hat zwei Wochen Zeit, eine Ausstellung einzurichten und so viele Leute wie möglich zu treffen. Das ist aufregend für uns, denn wir sind nicht wirklich Leute, die Routine haben.

AJP: Wir haben einmal versucht, ein Büro zu haben, aber dann wurde uns klar, dass wir nur einen halben Tag pro Woche dort waren.

Art Barter Berlin, 2010

Wisst Ihr, wo die nächste Ausgabe von Art Barter stattfinden könnte?

LJ: Tokyo ist definitiv als nächstes auf der Liste.

AJP: Wir würden auch gerne irgendwo in Afrika eine Ausstellung organisieren. Aber wir werden sehen müssen, wie sich alles entwickelt und wie einfach es in Zukunft sein wird, für kurze Projekte zu reisen. Wir werden sehen!

Sehen Sie sich einige der Lieblingskünstler von Lauren und Alix auf Singulart an: