Künstler

Interview mit Claire Clerc: Innenarchitektin

Kunst und Innenarchitektur sind sich unentwegt beeinflussende kreative Umgebungen. Ein „perfektes“ Kunstwerk prägt unsere Innenräume. Der aktuelle Trend beinhaltet neutrale Farben wie gebrochenes weiß, grau, beige Sand- und helle Erdtöne. Dazu haben wir Claire Clerc, Innenarchitektin, interviewt, um mehr über die aktuellen stilistischen Tendenzen zu erfahren.

Was hat Sie dazu inspiriert Innenarchitektin zu werden?

Meine Karriere habe ich als Stylistin in der Textilindustrie begonnen. Nach zehn Jahren fehlte mir der direkte Kontakt mit den Kunden und ich wollte einfach auch meine Aufgabengebiete erweitern. Die Renovierung eines Appartements war der Auslöser für meine berufliche Umorientierung. Ich hatte Raumdesign in der Boule-Universität in Paris studiert und Stück für Stück, von Praktikum zu Praktikum, habe ich dann 2013 meine eigene Agentur Claire Clerc gegründet.

Wie sieht Ihr kreativer Prozess aus?

Für mich beginnt jedes Projekt mit einer menschlichen Begegnung und einem Wunsch. Ich möchte mit meiner Arbeit einer Sehnsucht gerecht werden, einem angestrebten Stil sowie natürlich auch einem gegebenen Budget.

Sobald ich mir die Zeit genommen habe die Bedürfnisse meines Klienten oder meiner Klientin zu verstehen, fokussiere ich mich auf Bilder und Anschauungsmaterial. Bei der Innenarchitektur sind Worte oft nicht ausreichend, ein einziges Wort kann viele Interpretationen mit sich bringen, wohingegen für mich ein Bild direkt und eindeutig spricht. Sobald ich etwas kreiere, versuche ich alle Möglichkeiten und meine Vorstellungskraft so gut wie möglich zu erschöpfen. Die Einschränkungen sind es, die es mir ermöglichen außerhalb meiner Komfortzone und über meine eigenen kreativen Grenzen hinaus zu gehen.

Wo finden Sie Ihre Inspiration?

Ich bin immer auf der Suche nach Inspiration. Ich finde sie in meinem Alltag, überall wo meine Augen hinsehen. Ob in Restaurants, Hotels, auf Postern oder in der Metro. Anstatt Augen habe ich einen Radar, das mir jeden Tag Inspiration beschert. Natürlich inspiriert mich auch Kunst. Während des Lockdowns habe ich mir die virtuelle Ausstellung des MoMa angesehen. Für mich war das eine Möglichkeit zu sehen wie sich künstlerische Bewegungen und Kunst selbst herausgebildet haben.

Was ist der kraftvollste und bedeutendste Moment während Ihrer Projekte?

Der letzte Schritt meiner Projektbetreuung ist die Endabnahme und Präsentation. Dies ist ein sehr emotionaler Moment für mich, denn der Klient wird nochmal einen ganz anderen Blick darauf werfen als ich. Er entdeckt seine kommunizierten Bedürfnisse, seine Sehnsüchte sowie seine Erwartungen nun dreidimensional wieder.

Trotz des Stresses, der mit dieser Schlusspräsentation einher geht, würde ich sagen, dass diese finale Abnahme durch den Klienten der wohl zufriedenstellendste Teil des Prozesses ist.

Was war das signifikanteste Projekt Ihrer Karriere?

Das für meine Karriere wichtigste Projekt war die Einrichtung eines gesamten Doppelhauses. Es war das erste Mal, dass ich alle Räume eines Hauses eingerichtet habe: 135m², von A bis Z. Von der Küche, über das Schlafzimmer des zukünftigen Babys, zum Wohnzimmer und dem Eingangsbereich. Ich habe über mehrer Monate viel Mühe in dieses Projekt gesteckt.

Was macht einen Ort aus, an dem wir uns zuhause fühlen?

Wir fühlen uns an Orten wohl, die wie wir sind. Er muss aber auch funktional und harmonisch sein. Licht spielt eine zentrale Rolle bei unseren Gefühlen gegenüber Orten.

Was ist für Sie das wichtigste Möbelstück in einem Wohnzimmer?

Für mich ist das Wohnzimmer ein Empfangsort des Hauses, ich würde also das Sofa sagen. Ich finde es definiert die Atmosphäre des Raumes: Ob gemütlich oder chic, glitzernd oder weich … das Sofa sollte gemütlich sein. Von diesem Möbelstück ausgehend finden die anderen Stücke ihren Platz im Wohnzimmer.

Was ist Ihr Lieblingsort in einem Haus?

Absolut das Wohnzimmer. Es ist ein Gemeinschaftsraum des Hauses. Ein Ort an dem wir essen, lesen, diskutieren…es ist auch der Ort an dem wir unsere Freunde empfangen. Es ist warm, gemütlich und gehört der gesamten Familie. Für mich ist es der lebhafteste Bereich des Hauses.

Was ist Ihr größter Traum als Innenarchitektin?

Mein Traum wäre es für ein Hotel zu arbeiten und jeden der Räume anders zu designen. Aber generell ziehe ich aus jedem Projekt Freude, wie verschieden sie auch immer sein mögen.

Momentan arbeite ich an einem Gebäckladen, um dort die Verkaufsräume auszustatten. Ich habe auch schon Spielzeuggeschäfte, eine Bar sowie viele private Projekte betreut. Einschließlich eines 80 Quadratmeter großen Raumes in Versailles, wo ich mit maßangefertigten Möbeln und asiatischen Kunstwerken den Raum ganz neu umdenken konnte.

Sind neutrale Farben heutzutage en vogue?

Absolut, sie feiern ein echtes Comeback. Ich glaube neutrale Töne beruhigen uns. Sie kreieren „umhüllende“ Orte. Während des Lockdowns haben wir viel Zeit zuhause verbracht. Heutzutage möchten Kunden vor allem Komfort, Ruhe und Frieden.

Was ist Ihre Lieblingsfarbe unter den neutralen Tönen?

Ich mag Farben die sich in den Ort einfügen. Besonders mag ich weiß und leichte Beigetöne. Neutrale Farben erlauben eine starke Dekoration, die sich weiterentwickeln kann.

Haben Sie Tipps für Sammler, die ihr Zuhause mit neutralen Tönen dekorieren möchten?

Bevor Sie sich für eine Farbe entscheiden, ist es wichtig etwas zu experimentieren. Nehmen Sie zu Beginn eine kleine Probe der Farbe und schauen Sie wie sie sich im Licht verhält. Licht spielt eine fundamentale Rolle bei der Farbauswahl; bleiben sie bei hellen Farben. Um die Helligkeit des Raumes beizubehalten, erhöhen Sie die Anzahl der Lichtquellen.

Und dann experimentieren Sie. Entgegen aller Erwartungen, es gibt tausende neutrale Farben!

Welche künstlerischen Stile funktionieren am besten mit neutralen Tönen?

Neutrale Töne passen zu jedem Stil. Das ist einer ihrer Vorteile. Sie funktionieren mit Impressionismus, Pop Art, afrikanischen Kunststilen und vielen anderen. Wir können mehr wagen – wie beispielsweise eine sehr ausdrucksstarke Malerei an einer Wand mit neutralen Farben zu präsentieren.

Wer ist Ihr Lieblingskünstler oder Ihre liebste Kunstbewegung?

Mein Großvater war Typograph für Poster, also fühlte ich mich schon früh zum Kubismus, wie Picasso oder Matisse hingezogen. Diese Ära hatte einen prägenden Einfluss auf mich. Vor einigen Jahren war ich besonders in Memphis interessiert. Heute begeistert mich vor allem Charlotte Perriand, die Art Brut und ihre Verbindung mit der Natur. Ich öffne mich immer mehr der Kunst gegenüber und entdecke neue Künstler und Bewegungen für mich.

Welche Rolle spielt Kunst in Ihrer Arbeit und Ihrem täglichen Leben?

Kunst nimmt zwei verschiedene, aber gleichzeitig wichtige Rollen in meiner Arbeit ein. Zuallererst ist sie eine Quelle für Inspiration. Sie erlaubt mir über meine eigenen kreativen Grenzen hinauszugehen, meine Neugier zu schärfen und mich selbst anderen Stilen und Techniken zu öffnen.

Kunst spielt aber auch eine wichtige Rolle bei der Dekoration. Sie macht Orte einzigartig und persönlich. Oft dekoriere ich Orte, die bereits Kunstwerke beheimaten (Malerei oder Skulptur). Dies beeinflusst selbstverständlich das finale Ergebnis. In meinem persönlichen Leben sowie bei der Arbeit gehe ich gerne auf den Trödelmarkt. Für mich sind Antiquitäten auch Kunstwerke und bringen Leben sowie Einzigartigkeit an einen Ort.

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