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Die vibrierende Welt des Jazz und seine Rezeption in der Kunst

Jazz hatte nicht nur Einfluss auf die Musikentwicklung, sondern auch auf die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts. Die vibrierende Welt des Jazz und seine Rezeptionen in der Kunst sollen hier anhand von drei Beispielen beleuchtet werden.

Um 1900 entstand in den Südstaaten der Vereinigten Staaten der Jazz. Von dort eroberte er die Welt erstmal nicht im Sturm, denn aus der zunehmenden Verbreitung und Popularisierung des Jazz entstand zunächst die Jazz-Kritik und dann die Jazzforschung. Dieser haben wir es zu verdanken, dass Jazz nicht nur als Unterhaltungsmusik bewertet, sondern auch als kulturelle Leistung wertgeschätzt wird. Auf verschiedenste Art und Weise zeigt sich der Einfluss des Jazz auf die bildende Kunst.

Otto Dix: Großstadt, 1927/28

Otto Dix

Der Jazz eroberte in den 1920er und 30er Jahren auch Europa. Otto Dix, Künstler der Neuen Sachlichkeit, zeigt in seinem Triptychon Großstadt von 1927/28 das innere einer mondänen Tanzbar. Hauptthema ist das Nachtleben der Roaring Twenties mit seinen Schattenseiten (linke Tafel: Kriegskrüppel, Armut und Prostitution). Auf der mittleren Tafel des Triptychons spielt eine von Bläsern dominierte Jazz-Band in einem Tanzlokal. Das ungezügelte, rauschhafte Gefühl, das sich in der Gesellschaft nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ausbreitete, war geschwängert von dem Drang die Schrecken des Krieges im Hedonismus zu ertränken. Musik und Tanz sind das Ventil für die Lustentfaltung. Der Jazz, mit seiner pulsierenden, hemmungslosen Energie spiegelt wie kein Zweiter das Lebensgefühl dieser kurzen ausschweifenden Periode in Europa wider. Weil der Jazz als Sinnbild der Freiheit galt, haben die Nationalsozialisten ihn abgelehnt und während des Dritten Reiches als entartet gebrandmarkt und verboten.

Jackson Pollock: One: Number 31, 1950

Jackson Pollock

Jazz ist ein intellektueller Akku, an dem sich jeder aufladen kann. Jackson Pollock berauschte sich am Bebop. Er spritzte Farbe auf die Leinwandoberfläche oder tropfte sie direkt aus der Dose (Action Painting). Er war ein großer Jazz-Fan und besuchte oft Aufführungen im New Yorker Club Five Spot. Er hörte Musikgrößen wie Duke Ellington, Count Basie und Louis Armstrong. Beim Akt des Malens vertiefte er sich in den heißen, spontanen und swingenden Rhythmus der Musik. Das „Aufflackern, Spritzen und Wüten“ seiner Kompositionen steht im unmittelbaren Austausch mit der ungehemmten, energetischen Qualität der Jazzmusik. Seine abstrakten Gemälde kennzeichnet ein spontaner, gestischer Farbduktus der einer visualisierten Symphonie gleicht. Eine Komposition aus Harmonie und Unruhe, aus Dynamik und Statik.  Diese Verwendung der Spontanimprovisation findet sich auch in der Jazz-Ästhetik, in der der Interpret die Freiheit hat, Soli zu improvisieren. Dabei verliert der Künstler nie die Gesamtstruktur. Jackson Pollock bannt in seinen Action Paintings eine unmittelbare und wie es scheint entfesselte Kraft. Er komponiert Farben, Spritzer und Linien wie Melodien, Rhythmen und Strukturen in der Jazz Musik.

Piet Mondrian: Broadway Boogie-Woogie, 1942

Piet Mondrian

Der Einfluss des Jazz auf die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts zeigt sich vor allem am Beispiel Piet Mondrians. Der niederländische Künstler des Konstruktivismus hörte am liebsten Boogie Woogie. Seine Leidenschaft für den Jazz wurde nach einem Konzertbesuch von Duke Ellington in Paris intensiviert. In der Tat konnte man ihn auf den Tanzflächen von London und New York zum Jazz tanzen sehen. Oft mit der Sammlerin Peggy Guggenheim und dem Maler Lee Krasner. Im Minton’s Playhouse hörte sich Mondrian Thelonious Monk an, der einen eigene Stil entwickelt hatte. Durch dissonante Harmonien und gebrochene Akkorde schuf der talentierte Musiker eine visionäre Herangehensweise an Klangfarbe und Dynamik. Die Präzision mit der Mondrian eine Linie setzte oder eine Farbe auf die Struktur seiner Gemälde auftrug, lässt sich in direkten Vergleich dazu setzen. Eine Spannung zwischen brillant disziplinierten Kompositionen und enthemmter Dynamik. Mit dem Gemälde Broadway Boogie-Woogie, machte sich Mondrian daran, den Rhythmus und die Energie einzufangen. Ein flimmernder, wilder aber doch von Ordnung beherrschter Teppich, der die Farben dynamisch tanzen lässt. Jazz und Malerei erweisen sich bei Mondrian als eine wechselseitige Inspirationsquelle. 

Jazz auf Singulart

Der Einfluss des Jazz auf die bildende Kunst ist nach wie vor topaktuell. In der Gegenwart finden sich zahlreiche Belege dafür, dass der Jazz künstlerische Prozesse, Ideen und Produktionen beeinflusst. Auch für viele Singulart Künstler ist die Jazzmusik eine Inspirationsquelle.

Tauchen Sie mit uns ein in die vibrierende Welt von Rhythmus und Energie, Harmonie und Unruhe, Dynamik und Statik. Festgehalten auf Leinwand, finden Sie hier unsere kuratierte Kollektion All that Jazz