Künstler

Malangatana – Modernismen und (post)koloniale Identität

Der in Mosambik geborene Maler Malangatana Valente Ngwenya (1936-2011) nimmt eine Pionierrolle in der modernen afrikanischen Kunst ein. Seine Werke finden sich heute in internationalen Museen und Sammlungen, wie dem Art Institute Chicago und der Tate Modern. Die Entwicklung der ganz eigenen Formensprache ist im soziokulturellen Rahmen der Unabhängigkeitsbestrebungen seines Landes gegen die portugiesische Herrschaft zu verorten. Die vor allem in den 60er- und 70er-Jahren entstandenen allegorisch aufgeladenen Malereien berühren sozialpolitische Themen kolonialer Identität und Oppression.

Der Weg zur Kunst

In den frühen Jahren seines Lebens arbeitete er als Schäfer, erlernte die traditionelle Medizin seiner Volksgruppe der Ronga und war später beim kolonialen Eliteclub Lourenço Marques angestellt. Die Karriere als professioneller Künstler begann für Malangatana 1960 mit der Entdeckung und dem Patronat durch den portugiesischen Architekten Pancho Guedes.

Zuvor absolvierte er zusätzlich zu seinem umfassenden Selbststudium der Malerei Ende der 50er-Jahre Kunstkurse an der Handelsschule von Maputo sowie im Kunstverein von Mosambik. Ein wichtiger Nukleus seines frühen Oeuvres entstand unter anderem während seiner 18-monatigen Gefangenschaft: Er wurde von der portugiesischen Geheimpolizei (PIDE) der Beihilfe zu Unabhängigkeitsbewegungen bezichtigt.

PIDE’s Punishment Room (Sala de castigo da PIDE), 1965, Estate of Malangatana Valente Ngwenya

Ähnlich der vor allem in Lateinamerika verbreiteten künstlerisch-literarischen Strömung des Modernismo am Fin de siècle, spielte auch für Malangatanas Oeuvre die Poesie eine tragende Rolle. Seine Lyrik wird heute sowohl in Mosambik wie auch international rezipiert. Vor allem in Bezug auf die Konstruktion eines kulturellen Selbstverständnisses im Zuge der Dekolonialisierung lassen sich hier tiefgreifende Parallelen ausmachen.

Anerkennung in der internationalen Kunstwelt

Malangatana wurde vielfach für seinen Beitrag zur Kultur seines Heimatlandes ausgezeichnet, so auch 1984 mit der Nachingwea Medaille. 1990 erhielt er in Lissabon die Auszeichnung der Vereinigung internationaler Kunstkritiker sowie 1997 den niederländischen Prinz Claus Award für seine progressive und zeitgenössische Herangehensweise an Themen wie Kultur und Entwicklung. Vor allem mit der Vertretung durch die Perve Galerie nahm er nach 2000 an mehreren wichtigen nationalen wie internationalen Ausstellungen teil, unter anderem an der Contemporary Art Lisbon in 2004 und 2005.

Unter seinen öffentlichen Aufträgen sind unter anderem die Murals für die UNESCO zu nennen. Erst vergangenen Juli wurde sein Oeuvre durch eine posthume Retrospektive im Art Institute Chicago geehrt.

Die eigene Formensprache

Stilistisch ist vielen kulturellen Bewegungen im Zuge von Unabhängigkeitsbestrebungen ein Aspekt gleich: Die eklektische Verwendung der meist christlich geprägten Formensprache der jeweiligen Kolonialmächte sowie westlicher moderner Kunstströmungen, die an den Kunstschulen unterrichtet wurden; gemischt mit der eigenen indigenen Kultur, Symbolen und Folklore – es entstanden Modernismen einer dekolonialisierten Moderne außerhalb westlich-eurozentrischer Narrative.

O bebé poeta (The poet as a Child), 1963, Allen Memorial Art Museum at Oberlin College, Gift of Dr. and Mrs. Lloyd H. Ellis Jr. in memory of Eduardo Chivambo Mondlane (OC 1953), 2013.37

Die markanten Protagonisten seiner Malereien füllen die Bildfläche meist vollständig aus und bilden so ein buntes Muster auf den Leinwänden. Brutale wie intime Szenen allegorischer Natur sind die Vehikel seiner sozialpolitisch motivierten Malerei: So wird das Poetenbaby mit Kruzifix um den Hals von der eindeutig als indigen dargestellten Mutter gesäugt. Diese Werke wehren sich gegen überholte Zuschreibungen wie „tribal art“ oder „primitive art“.

Massenszenen aus einer sich verändernden Welt

Wir freuen uns sehr, Ihnen im Rahmen unseres Kollaborationsverkaufes mit der Perve Galerie eines von Malangatanas Werken aus den 60er-Jahren präsentieren zu dürfen. Zeichnungen dieser Größe bilden eine wichtigen Bestandteil seines Oeuvres. Das Medium ermöglichte es dem Künstler, im Gegensatz zur Malerei, seine Ideen schneller und unmittelbarer festhalten zu können.

Diese Tintenzeichnung ist Ausdruck der Synthese von Kunst und Politik in einer sich verändernden Welt: Wie eine Art Wimmelbild sind auf dem Papier Fabelwesen sowie Menschen abgebildet, die miteinander interagieren, kämpfen und rangeln. Die fremden Wesen überwachen die Szenerie im Mittelpunkt mit ihren großen Augen. Unordnung, Gewalt sowie Überwachung sind die Hauptthemen dieser Arbeit.

Entstanden während der Unabhängigkeitsproteste in Mosambik, spiegelt sie Malangatanas Bestreben wieder, mit seiner Kunst eine universelle Sprache gegen Unterdrückung und Krieg zu finden – sie wird zur emblematischen Darstellung der Sehnsucht nach Frieden.