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Der Konstruktivismus und Eef de Graaf

Der niederländische Künstlers Eef de Graaf komponiert Werke, die von großer Einfachheit, Reinheit und Harmonie geprägt sind. Er produziert gegenstandslose Kunst, die Ihren Ursprung in der Kunströmung des Konstruktivismus hat. De Graaf selbst, bezeichnet sich als konstruktivistischer Künstler der zweiten Generation. Möchten wir seine Kunst verstehen, müssen wir zunächst einen Abstecher in die Kunstgeschichte machen und die streng gegenstandslose Kunst des Konstruktivismus kennenlernen.

László Moholy-Nagy: LIS, 1922

Ist der Konstruktivismus Teil der abstrakten Kunst?

Oft wird wird die konstruktivistische Strömung fälschlicherweise als abstrakte Kunstrichtung bezeichnet. Die Ausdrucksform des Konstruktivismus ist jedoch ungegenständlich. Sie abstrahiert nicht von der Realität, denn sie basiert nicht auf der Grundlage von Figuration. Vielmehr basiert sie auf dem Prinzip einer geometrisch-technischen Gestaltung. Das konstruktivistische Formenvokabular besteht aus Farbflächen, Linien und geometrischen Formen. Hierbei konstruiert der Künstler ein Bild oder eine Skulptur, die sich aus kontrollierten Elementen und bestimmten definierten Beziehungen zusammensetzt.

Konstruktion oder Komposition?

Wie der Name Konstruktivismus bereits verdeutlicht, liegt der Fokus buchstäblich auf der Bedeutung der Konstruktion. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort “construere” ab, dass soviel bedeutet wie “aufbauen, errichten oder in Verbindung bringen”. Der Fokus liegt folglich weniger auf der Komposition, als auf der Konstruktion. Damit unterscheidet sie sich fundamental von den traditionellen Kunstströmungen. Das Ziel ist es, eine Kunst zu schaffen, die den Bedingungen einer wissenschaftlichen und technischen Zeit entspricht.

Ursprung des Konstruktivismus

Der propagandistische Konstruktivismus

Wladimir Tatlin: Modell für das Monument für
die Dritte Internationale, 1919/20

Die Ursprünge des Konstruktivismus finden sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert, in der russischen Avantgarde. Wladimir Tatlin und Alexander Rodchenko gelten in der Forschung als dessen Begründer. Der russische Konstruktivismus drängte auf eine Kunstproduktion, die dem sozialen Wandel diente. Er sollte Menschen dazu inspirieren, die Gesellschaft nach einem utopischen Modell neu aufzubauen. Die Kunst im Dienste der Revolution musste kühn sein und von jeglichen Emotionen befreit werden. Sie war ein Werkzeug, dass den kommunistischen Prinzipien des neuen russischen Regimes entsprach. Die Kunstproduktion hatte einen sozialen Zweck. Kunst um der Kunst willen wurde abgelehnt. Hierbei spricht man vom propagandistischen Konstruktivismus, der von den russischen Avantgarde primär vertreten wurde.

Einfluss auf die moderne Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts

Der analytische Konstruktivismus

Van Doesburg : Rhythmus eines russischen Tanzes, 1918

Was an der Wurzel dieser Periode stand, war der Wunsch, die Erfahrung des modernen Lebens auszudrücken. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die  konstruktivistische Architektur und Kunst einen großen Einfluss auf die modernen Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts hatte. Sie beeinflusste wichtige Strömungen wie das Bauhaus in Deutschland,  De Stijl in den Niederlanden, die ungarische Künstlergruppe MA, sowie die konkrete Malerei. Die Impulse, die von dieser Entwicklung ausgehen, fassen wir unter dem Begriff des analytischen Konstruktivismus und praktisch-experimentellen Konstruktivismus zusammen. Bis in die Gegenwart wirkt dieser fort und beeinflusst viele zeitgenössische Künstler.

Eef de Graaf, Konstruktivist der zweiten Generation

Der internationale Konstruktivismus

Die beiden letzten Stadien werden allgemein unter dem Begriff des internationalen Konstruktivismus zusammengefasst. In den 1970er Jahren begann Eef de Graaf diese Kunstrichtung zu erforschen, die eine grosse Faszination auf ihn ausübte. Er betrachtet sich als Konstrukivist der zweiten Generation, in der politische Einflüsse keine Bedeutung mehr haben. Er setzt sich nicht mit politischen und nationalen Ideen, sondern mit sachlichen Vorstellungen auseinander. Ein fundamentaler Unterschied zu den Ideologien der russischen Avantgarde.

“Ich betrachte meine Arbeit nicht als Abstraktion des Sichtbaren, sondern vielmehr als ein Konstrukt des Denkbaren. Geometrische Formen, Ordnung, Rhythmus und Wiederholungen sind die Komponenten, aus denen die Konstruktion und Abbildung entsteht.”

Eef de Graaf

Kontemplation über das Schöne und das Universelle

Eef de Graafs konstruktivistische Kunst sucht nach wahrer, aber nicht offensichtlicher Reinheit und Ausgewogenheit. Sein Oeuvre zeichnet sich durch geometrische Formen und farbliche Klarheit aus. Er benutzt die Primärfarben Rot, Blau und Gelb und die “Nicht-Farben” Grau, Schwarz und Weiß.  Seine abstrakt-geometrischen Formen bestehen aus horizontalen, vertikalen, orthogonal oder linearen Elementen. Die Kompositionen sind durch Gestaltungsprinzipien von Ordnung und Klarheit definiert. Harmonie entsteht aus Rhythmus und Systematik. Repetitionen, wie visuelle Mantras, die den Betrachter in eine meditative Stimmung versetzen. De Graaf erschafft eine reine Kunst mit formellem Anspruch. In seinen Werken steckt eine dauerhafte Kontemplation über das Schöne und das Universelle, die in der Bindung an die Gegenständlichkeit so nicht Darstellbar wäre.

Seit den 1970er Jahren hat Eef de Graaf seinen eigenen Weg gefunden und ist unabhängig von populären Trends der konstruktivistischen Philosophie treu geblieben. Trotzdem sind kleine Veränderungen in seiner künstlerischen Entwicklung deutlich sichtbar. Mehr „Farbe“ ist aus einer totalen Monochromie entstanden. Die flächige Oberfläche wurde monumentaler und räumlicher, wobei manchmal eine völlig räumliche Form als logischer Schritt folgte. Entdecken Sie mit uns die Werke von Eef de Graaf.