Künstler

5 Minuten mit Susanne Haun

Susanne Haun ist eine multidisziplinäre deutsche Künstlerin, deren Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen im ganzen Land gezeigt wurden, zudem findet man Ihre Kunst in nationalen, öffentlichen Sammlungen. Ihr Stil ist ein minimalistischen Ansatz, der in ihren Zeichnungen und Gemälden die Inspiration der Natur einfließen lässt, die sich in Linien und Flächen auf ihrer Leinwand wiederspiegelt. Singulart hat mit der Künstlerin über ihre kreative Einflüsse und derzeitigen Projekte gesprochen.

Wann wussten Sie, dass Sie Künstlerin werden wollen?

Ich bin nicht mit dem Wunsch, Künstlerin zu werden, auf die Welt gekommen. Der Schaffensdrang hat sich mit immer stärkerer Macht entwickelt. Zuerst habe ich mich beruflich nach einer entsprechenden Ausbildung bei der ARD der Systemanalyse und Entwicklung von Computerprogrammen gewidmet und die Kunst nebenberuflich ausgeübt.

Informatik und Kunst, das klingt sehr konträr, ist es aber nicht. Denken wir nur an Leonardo da Vinci und seine mathematischen Berechnungen! Kunst und Mathematik liegen meines Erachtens nahe beieinander. Die Entwicklung von Algorithmen in Computerprogrammen benötigt genauso viel Kreativität und Energie wie das Malen und Zeichnen von Bildern. Nichtsdestotrotz kann der Mensch meiner Auffassung nach nicht zwei Dinge gleichzeitig gut machen und so habe ich mich 2002 für die Kunst entschieden. Das ist nun 18 Jahre her und ich habe diese Entscheidung nicht eine Minute lang bereut.

Rosen bekränzter Totenkopf (2013), Susanne Haun

Würden Sie uns von Ihren künstlerischen Einflüssen erzählen, welche Künstler haben Sie inspiriert?

Je nachdem, in welcher Lebensphase ich war, haben mich andere Epochen, bzw. Künstlerinnen und Künstler inspiriert. Als ich mit Anfang 20 begann, mich beruflich für die Kunst zu interessieren, waren es die Impressionisten sowie Picasso, die mich faszinierten. Im Alter um die 30 Jahre setzte ich mich mit den Expressionisten auseinander. Ich war sehr interessiert an einer Ausstellung der Zeichnungen von Ernst-Ludwig Kirchner im Brücke Museum Berlin, der mit verschiedenen Buntstiften Bewegung wie Tanz in wenigen Linien festhielt.

Seit ich die 40 Jahre überschritten habe, komponiere ich Stillleben. Morandis Bilder und Radierungen, auf denen der italienische Künstler immer wieder dieselben Gegenstände in anderen Anordnungen zeigt, beeindrucken mich. In meinem Atelier sammle ich Kurioses gleich einer Wunderkammer.

Als Frau schätze ich unter anderem die Selbstportraits der Künstlerinnen im Verlauf der Epochen wie Sofonisba Anguissola (16. Jhd.), Artemisia Gentileschi (17. Jhd.), Maria Sybilla Merian (18. Jhd.), Paula Moderson-Becker sowie Camille Claudel (Anfang des 20. Jhd.), Niki de Saint Phalle (Mitte des 20. Jhd) und Louise Bourgeois (Ende des 20. Jhd.). Das ist natürlich nur eine Auswahl! Die Suche nach dem Selbst, die mich immer wieder antreibt und sich in meinen Projekten zeigt, ist ein fester Bestandteil meiner Kunst. An jedem meiner Geburtstage und auch zwischendurch zeichne ich mich selbst auf Büttenpapier mit Tusche.

Würden Sie uns über Ihr derzeitiges Projekt erzählen – woran arbeiten Sie?

Ich arbeite an einer Serie von Zeichnungen in der Größe 65 x 50 cm auf handgeschöpftem Büttenpapier mit Antiktusche. Die Serie ist stark inspiriert von der immer noch anhalten Pandemie um den Covid-19 Virus und dem Buch Daniel aus der Bibel. Dieses Buch der Bibel hat apokalyptischen Inhalt. Es wird kein in der Zukunft liegendes einzelnes Ereignis dargelegt, sondern es wird die Gesamtsicht der kommenden Zukunft mittels weisheitlicher Tradition geschildert. Daniel war ein jüdischer Traumdeuter und Seher im babylonischen Exil. Die Pandemie, die wegen dem Infektionsvirus Covid-19 eintrat, ruft bei mir Anklänge an eine Apokalypse hervor. Bei meinen täglichen, frühmorgendlichen Spaziergängen in den ersten Tagen des Lockdowns lief ich auf auto- und menschenleeren Straßen und hatte die Katastrophenfilm Industrie vor meinem inneren Auge.

Während dieser Einschränkungen des Covid-19 Virus entstehen die Zeichnungen meines aktuellen Projekts.

Ich bin nicht gläubig, aber werde von der Wucht der beschriebenen Bilder der Bibel und dem Corona-Zeitgeschehen mitgerissen.

Covid-19 Virus – Der geflügelte Löwe (2020), Susanne Haun

Was würden Sie Ihrer Meinung nach tun, wenn Sie nicht Künstlerin geworden wären?

Da ist natürlich die schon erwähnte Systemanalyse und Entwicklung von Computersoftware. Beim Entstehen der Programme packt mich immer noch die Erregung, ob die Algorithmen funktionieren und wie elegant und schnell diese von der Steuerung ablaufen. Der Entstehungsprozess findet jedoch ohne Rezeption statt.

Ich mag den Austausch mit meinen Sammlerinnen, Sammlern sowie Kunstliebhaberinnen und Kunstliebhabern.

Es gibt viele Dinge, die ich spannend finde, aber keine dieser Tätigkeiten wäre so befriedigend wie die Kunst! Ich bin mit Leib und Seele Künstlerin. Wenn ich mich an meinen Zeichentisch setze, dann ist es als ob ich in eine andere Dimension, in meine Ideenwelt, reise.

Pink und Lila recken sich die Blumen aus der Vase heraus (2012), Susanne Haun

Haben Sie auf Singulart andere Künstler entdeckt, deren Kunst Sie schätzen oder gar bewundern?

Ich mag die Arbeiten von Karoline Kroiß, die Einsamkeit und Ästhetik ihrer Arbeiten spricht mich an. In den Landschaften von Anett Münnich kann ich mich verlieren und träumen. Die großen Arbeiten konnte ich schon in ihrem Atelier bewundern.

Welchen Rat würden Sie jungen Künstlern geben, die gerade anfangen und versuchen Fuß zu fassen?

Als Künstlerin, Künstler sollte man kontinuierlich und konsequent arbeiten, ohne Rücksicht auf die vielen Fehlschläge und Kritiken, denen Künstlerinnen und Künstler ausgesetzt sind. Wichtig ist dabei, zu lernen souverän mit Kritik umzugehen und am eigenen Weg festzuhalten.

Der Fokus sollte mit ganzem Herzen auf der eigenen Kunst liegen.

Der größte Anteil der Künstlerinnen und Künstler bekommt für seine Arbeit nicht mehr Geld als das es gerade zum Leben reicht. Es ist ein ständiger Kampf, Gelder für die eigenen Kunstprojekte zu akquirieren und Kunst zu verkaufen. Das sollte man wissen, wenn man sich dafür entscheidet, Künstlerin zu sein. Die Kunst lässt kaum Zeit für andere Dinge des Lebens.

Vielen Dank für das Interview Susanne! Alle Werke können Sie auf dem Singulart Profil von Susanne Haun entdecken.