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Der Kunstmarkt und seine Fälschungen

Wussten Sie das laut Experten 40-60% der auf dem Kunstmarkt angebotenen Werke Fälschungen sein könnten? Schwer zu glauben, doch tatsächlich werden Jahr für Jahr neue Fälle publik. Es gibt so viele verschiedene Arten von Fälschungen wie es Kunst gibt. So kann man zwischen nachträglicher Signierung, Kopie, Schönung, Übermalung, Nachempfindung oder Gesamtfälschung unterscheiden.

Es wird alles gefälscht, was auf dem Kunstmarkt hohe Preise erzielen kann. Zu den Spitzenreitern zählen unter anderem die Werke des Surrealisten Salvadore Dali. 90% der Grafiken die im Umlauf sind, sollen nicht vom Künstler selbst stammen. Besonders schlimm steht es auch um die russische Avantgarde. 2013 wurden an die 1000 Gemälde sichergestellt, die von einem internationalen Kunstfälscherring verbreitet wurden. Darunter zählten Fälschungen von Malewitsch, Kandinsky und Jawlensky. Oder blicken wir auf das Oeuvre von Rembrandt: Um die Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts galten noch 1000 Werke als Originale, mittlerweile ist die Zahl auf 300 zusammengeschrumpft.  Keiner ist vor Kunstfälschungen gefeit. Von den sieben Rembrandts der Queen, erwiesen sich nur drei als tatsächliche Originale.

Wie identifiziert man Kunstfälschungen?

Die Krux ist, dass sich Fälschungen aus vielen Gründen nicht leicht identifizieren lassen. Um den Nachweis einer Authentifizierung oder möglichen Fälschung zu erbringen, müssen verschiedene Schritte durchgeführt werden. Die Stilkritik untersucht die Herstellungstechnik eines Gemäldes mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden. Dazu analysiert ein Experte die Maltechnik. Eine anschließende Röntgenuntersuchung fördert ein Summationsbild des gesamten Gemäldeaufbaus zu Tage. Außerdem kann eine Makrountersuchung und  Infrarotuntersuchung vorgenommen werden. Doch diese naturwissenschaftlichen Untersuchungen werden aus Kostengründen oft nicht durchgeführt.

Seit den 1940er Jahren wird bei ausreichendem Verdacht die sogenannte C14-Methode angewandt. Damit lässt sich das Alter der Farbe feststellen. Diese Methode hat jedoch den Nachteil, dass sich durch alte Materialien verfälschte Farben schwer entdecken lassen. Eine neue Methode macht es sich nun zu Nutzen, dass ein Fälscher, der zur Tarnung alte Farbpartikel verwendet, diese zunächst mit einem neuen Bindemittel mischen muss. So kann in einem Farbpartikel z.B ein Öl im Bindemittel entdeckt werden, dass charakteristisch für das 20. Jahrhundert ist. Natürlich ist dieses Verfahren sehr aufwändig und kostspielig. Nichtsdestotrotz bleibt es abzuwarten, ob die neue Methode Kunstfälschern effizienter das Handwerk legen kann.

Beltracchi und seine Ehefrau mit einer Max Ernst Fälschung

Der Jahrhundertfälscher Beltracchi

Einer der bekanntesten Kunstskandale ist ohne Frage der Fall Wolfgang Beltracchi. Ein deutscher Maler, der über Jahrzehnte hinweg Werke von vorzugsweise Max Ernst, Heinrich Campendonk oder Fernand Léger fälschte. Seine Provenienz waren die fingierte Sammlung Werner Jägers (Werner Jägers war der Großvater Helene Beltracchis) und „Sammlung Wilhelm Knops“, die es ihm ermöglichten, Kunstwerke dem internationalen Kunstmarkt unterzujubeln. Er führte selbst den bekannten Max Ernst Experten Werner Spies an der Nase herum. Er begutachtete eines von Beltracchis Max Ernst Fälschungen und befand es für echt. Beltracchi, der mit ursprünglichen Namen Fischer heisst, malte unter anderem verschollene Originale und später Eigenkreationen, die dem Stil der jeweiligen Künstler entsprachen. Er achtete dabei genau auf das Werkverzeichnis der Künstler und platzierte seine Fälschungen in die Schaffenslücken.

Titanweiss aus der Tube

Aufgeflogen ist die ganze Geschichte aus schierer Unachtsamkeit und Leichtsinnigkeit Beltracchis, der sich über die Jahre verständlicherweise immer sicherer fühlte. Für den “Campendonk” Rotes Bild mit Pferd nutzte er modernes Titanweiss aus der Tube, dies wurde ihm zum Verhängnis. 2010 wurde eben dieses Werk durch das Londoner Kunstanalyse-Unternehmen Art Analysis & Research getestet und das Titanweiss, das zu Lebzeiten Campendonks noch nicht existierte, zweifelsfrei festgestellt. Beltracchi wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. Mittlerweile lebt er in der Schweiz und arbeitet unter eigenem Namen als Künstler.

Beltracchi Fälschung: Campendonk, Rotes Bild mit Pferd

Die Verurteilung Beltracchis hat die Akte nicht geschlossen, denn das Gerichtsverfahren verhandelt  lediglich die Fälschung von 14 Gemälden. Um die 300 Kunstwerke aus dem Pinsel Beltracchis sind immer noch im Umlauf. Sie befinden sich wahrscheinlich im Besitz von Museen, Auktionshäusern und Privatsammlern.

Wertanlage und Prestige

Die Begierde für Kunstobjekte ist immens gross. Es geht um viel Geld und jedes Auktionshaus möchte Werke eines grossen Meisters auktionieren. Erlesene Kunstwerke renommierter Künstler bedeuten Prestige und Publicity, sie sind eine Wertanlage für jeden Kunstsammler. Im Endeffekt möchte schlichtweg keiner der Beteiligten, dass es sich um eine Fälschung handelt. Sollte es sich dann doch als solche herausstellen, bleiben viele Sammler stumm, um einer Blamage zu entgehen. Nicht selten wird das Werk dann einfach weiterverkauft. Für den globalisierten Kunstbetrieb stellt die massenhafte zirkulieren von Fälschungen eine grosse Herausforderung dar, die nicht nur erheblichen finanziellen Schaden verursacht, sondern Forschung und Museen auch immer wieder zu peinlichen Fehleinschätzungen verführt.

Der Kunstmarkt ist ein Milliardengeschäft, demzufolge bleiben neue Kunstwerke, die durch Auktionshäuser auf dem internationalen Markt gelangen, heiss begehrt. Kopien, Imitationen und Fälschungen von Kunst gab es im Laufe der Geschichte schon immer. Aber der Kunstmarkt hat heute einen Umsatz in Milliardenhöhe, und Kunst wird weltweit auch zur Geldwäsche eingesetzt. Sie ist eine hochspekulative Anlageform.